Bericht vom 44. ICANN Meeting in Prag
Unsere Kollegin Dorit war vom 24. – 29. Juni in Prag dabei und hat wieder interessante Infos mitgebracht.
Neuer ICANN CEO
Der neue ICANN CEO und President Fadi Chehadé hat sich vorgestellt und mit seiner charismatischen Rede für gute Stimmung in der ICANN-Community gesorgt. Er bringt umfassende Erfahrung mit, wenn es darum geht, verschiedene Stakeholder zusammen zu bringen. Fadi Chehadé tritt ab 1.Oktober seine neue Funktion an.
Digitales Bogenschießen verworfen
Die gute Stimmung ist notwendig, denn der Einführungsprozess der neuen Domainendungen wirft weiterhin viele Fragen auf. ICANN hat, nicht zuletzt aufgrund massiver Gegenargumente aus der ICANN-Community, das digitale Bogenschießen als Methode für das Batching verworfen. Positiv ist zu bewerten, dass diese Entscheidung dem Multistakeholder-Modell, auf dem ICANN basiert, wieder stärker Rechnung trägt, in dem Entscheidungen durch einen Prozess von unten nach oben, also aus der Community für die Community, getroffen werden.
Ablauf des Bewertungsprozesses unklar
Wie es mit dem Programm der neuen Domains weitergeht, ist derzeit noch unklar. Von ICANN-Seite darf sich derzeit niemand offiziell über den weiteren Ablauf des new gTLD Programms äußern. Wahrscheinlich ist, dass eine offene Kommentierungsphase gestartet wird, in der sich sämtliche Bewerber zu dem Thema äußern dürfen. Die Option, dass alle Bewerbungen auf einmal geprüft werden könnten, steht im Raum. Jedoch würde die Frage nach der Reihenfolge dann nur aufgeschoben, da jede der TLDs nach Abschluss einer erfolgreichen Prüfung der Bewerbung dann in die Rootzone des DNS-Systems eingetragen werden muss, damit sie im Internet aufgerufen werden kann. Für den Ablauf dieses Vorgangs gibt es derzeit noch kein Verfahren.
Ebenfalls steht die Frage zur Diskussion, wie mit den Geldern verfahren wird, die durch Auktionen bei gleichen Domainendungen wie z.B. .app erzielt werden. Unter den 1930 Bewerbungen für neue TLDs gibt es 751 doppelte Bewerbungen für 230 einzelne neue Domainendungen, man spricht hierbei von „unique strings“. Welcher Bewerber letztendlich eine von den 230 Domainendungen zugeteilt bekommt, entscheidet eine Auktion.
Neue Domains nicht vor 2014
Bei allen Ungewissheiten, die man beim ICANN Meeting zu den Themen rund um die Einführung der neuen Domainendungen gefunden hat, ist doch eines klar: Der Start der neuen Domainendungen wird sich erneut verzögern. Wir gehen derzeit davon aus, dass es noch bis Ende 2014 dauern wird, bis man tatsächlich eine der vielen neuen Domainendungen registrieren kann.
ICANN Kinder-Beirat?
Nachdem in der ICANN Community heftige Kritik daran geäußert wurde, dass das öffentliche Forum, das traditionell am letzten Tag der ICANN Meetings stattfindet, beim Meeting in Prag auf den Donnerstagnachmittag verlegt wurde, wurde die Community am vergangenen Donnerstag eher vom Gegenteil überzeugt. Zwar war es für alle Beteiligten ein anstrengender und langer Tag, doch das ICANN Board stellte sich von 14:00 bis 19:00 Uhr den Fragen und Kommentaren aus der Community. Jeder kann zum Mikrofon greifen und sein Anliegen vortragen. Besonders interessant und vollkommen unerwartet waren die Beiträge von drei Jugendlichen, die anregten, dass die Multistakeholder-Organisation ICANN einen Kinder-Beirat mit in ihre Organisation aufnehmen sollte. Die bekannte Internet-Pionierin Avri Doria hat ihre Hilfe und Erfahrung für Beantragung eines neuen Beirates innerhalb von ICANN angeboten. Ich bin gespannt, ob und wie sich die Internetnutzer von morgen hierbei einbringen werden.