Wie schon erwähnt, waren zwei unserer Techniker letzte Woche beim RIPE Meeting in Slovenien. Ich freue mich über den ausführlichen Bericht, den sie mitgebracht haben, und möchte ihn hier als Gastbeitrag ungekürzt veröffentlichen. Zusammenfassend läßt sich sagen: „Das RIPE Meeting war wieder sehr inhaltsreich, nur Slovenien im April ist eher regnerisch.“ Kleine Warnung, der Beitrag enthält viele Fachtermini und ist eher etwas für Insider. ; )
Montag 16.4. 2012
RIPE 64 wurde von Rob Blokzijl, dem RIPE Vorsitzenden eröffnet. Dr. Žiga Turk, vom slowenischen Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Sport gab dann eine Willkommens-Ansprache, in der er die Bedeutung von Investitionen in die nächste Generation von einem offenen und transparenten Internet für Slowenien und dem Rest der Welt betonte. Die RIPE 64 Meeting-Hosts (von den Organisationen GO6, Arnes, LTFE und der Post and Electronic Communications Agency of the Republic of Slovenia) hielten ebenfalls kurze Reden.
Anschließend gab es die ersten zwei Präsentationen:
Für mich interessant dabei war Greg Hankins von Brocade über „Pushing the Limits, a Perspective on Router Architecture Challenges“, indem er über die Änderungen an Routern berichtete, die nötig sind um 100GBit/s und mehr zu transportieren.
Die zweite Sitzung begann mit einer Präsentation von Gorazd Božič, SI-CERT (Slovenien). Gorazd berichtete von seinen Erlebnissen, die er bei dem Versuch, Videos von einer slowenischen Kabinettssitzung aus YouTube zu entfernen hatte. Danach kam sozusagen als Antwort Mike Hearne von Google zu Wort, der über die Anti-Abuse Maßnahmen bei Google-Mail berichtete.
Das restliche Programm am Montag bestand aus einigen teilweise humoristischen Beiträgen. Da der RIPE NCC dieses Jahr 20 Jahre alt wird, berichtete Nigel Titley (RIPE NCC Vorstand) über die Arbeit des NCC und motivierte die Mitglieder, sich mehr in der Selbstverwaltung zu engagieren. Geoff Huston (APNIC) warf einen Blick in die Glaskugel und versuchte die nächsten 20 Jahre Internet-Technologie vorherzusagen.
Dienstag 17.4.2012
Die erste Sitzung am Dienstagmorgen begann mit zwei Fachvorträgen von Ivan Pepelnjak, NIL Data Communications: „Cloud-Netzwerk – Von der Theorie zur Praxis“ und „Data Center Fabrics – What Really Matters“. Über die Präsentationen wurde während des Plenums, aber auch danach diskutiert. Anschließend gab es noch eine Podiumsdiskussion über die verschiedenen Network Operators Group (NOG) in Europa mit Vertretern aus ENOG, MENOG, SwiNOG und UKNOF.
Die zweite Plenarsitzung am Dienstag war für mich wieder sehr interessant, da sie den Themenbereich „Sicherheit und Routing“ abdeckte, beginnend mit Joseph Gersch (Secure64) und Dan Massey (Colorado State University) mit dem Thema „BGP Route Origin Verification Using Reverse‐DNS“. Danach zeigte Alex Band (RIPE NCC) das Webinterface, mit dem Mitglieder die RPKI-Zertifikate zu Ihren Routen verwalten und publizieren können. Dabei geht es um technische Maßnahmen, wie LIRs ihre Announcements authentifizieren und Router diese Announcements verifizieren können. Die Sitzung endete mit einem Vortrag aus dem gleichen Themenbereich von Randy Bush, (Internet Initiative Japan) zu „Relying/Issuing Parties and ROA Validation“.
Der Dienstag-Nachmittag war dem Thema IPv6 gewidmet. Geoff Huston (APNIC) berichtete über aktuelle Beobachtungen zum Verhalten von Betriebssystemen und Webbrowsern in der Verwendung von AAAA Ressource Records beim Aufruf von Webseiten. Die verschiedenen Browser zeigen hier unterschiedliche Optimierungsstrategien, um Webseiten möglichst schnell anzuzeigen. Interessant ist hierbei Firefox, der mit bestimmten Einstellungen sowohl v4 als auch v6 Verbindungen aufbaut und dann einfach die erste funktionierende verwendet.
Andrei Robachevsky (Internet Society), stellte die Planungen zum IPv6 Launch Day im Juni vor und Tore Anderson (Redpill Linpro) präsentierte Techniken, Server in Zukunft nur noch mit IPv6 zu konfigurieren und noch nötigen IPv4 Zugriff über Stateless IP/ICMP Translation (SIIT), eine Art von NAT bereitzustellen. Damit würde die durch Dual-Stack Betrieb entstehende Komplexität auf den Servern vermieden, etwas, dass wir uns auch anschauen wollen.
Den restlichen Dienstag nahm das Thema „Handel mit IPv4 Adressen“ ein, außerdem gab es noch Kurzvorträge zu verschiedenen Themen.
Zusätzlich fand anschließend noch ein Treffen der an Open-Source Routing Daemons Interessierten statt, an dem ich teilnahm; dort berichteten Programmierer der Quagga und Bird-Software über aktuelle Änderungen und Planungen für die Zukunft.
Am Abend hatten wir dann noch die Gelegenheit zu einem Rundgang durch die Karsthöhle von Postojna, die vor allem durch ihre Größe beeindruckte.
Mittwoch/Donnerstag 18./19.4. 2012
Am Mittwoch und Donnerstag trafen sich in parallelen Tracks die verschiedenen RIPE Working Groups.
In der Address Policy Working Group wurde über die Vergaberichtlinien für IP-Blöcke diskutiert, unter anderem über die Frage ob die initiale Zuteilung eines /32 IPv6 Blocks ausreichend sei, über die Handhabung des letzten /8 IPv4 Blocks (RIPE wird vermutlich im August keine weiteren IPv4 Adressen mehr haben) und über die Maßnahmen „Legacy-Adressraum“ zu dokumentieren. Rob Blokzijl (RIPE Chairman) brachte den Vorschlag, mit dem Auslaufen der IPv4 Vergabe die verschiedenen Dokumente die diese Regeln zu einer „Maintenance Policy“ zusammenzufassen. Auch über die PI-Space Vergabe von IPv6 und die Frage, ob die HD Ratio (mit der geregelt wird ob eine LIR weiteren Adressraum bekommt) so wie derzeit geregelt sinnvoll ist wurde diskutiert.
In der EIX Working Group, die ich selber nicht besuchte, wurde über Themen von Internet-Exchange Points diskutiert.
Die DNS WG hatte die Themen DNSSEC (Jakob Schlyter: OpenDNSSEC Status Update), Monitoring (RIPE Atlas Measurements & Tools Robert Kisteleki, RIPE NCC) und DNS Root-Server Betrieb auf der Agenda.
In der Routing WG wurde über das Wachstum von (IPv6) Routing-Tabellen, Route Flap Dampening und BGP Route Stability diskutiert.
Anti-Abuse Working Group: hier wurden die neuen Möglichkeiten zur Meldung von Fehlern und Problemen mit den (Kontakt) Daten in der RIPE-Database vorgestellt und über den geplanten Abuse-C Kontakt diskutiert.
IPv6 WG: Es wurden aktuelle Statistiken zur Herausgabe von IPv6 Adressblöcken und der Nutzung von IPv6 durch LIRs vorgestellt. Jari Arkko (Ericsson) präsentierte die IETF Bestrebungen zur Standardisierung von Home Networking und seine Erfahrungen bei der Einrichtung. Dabei geht es darum, dass in der Zukunft Heim-Netzwerke durch die Einbindung aller möglichen Geräte im Haus, von Haustüren bis zum Toaster und Kühlschrank deutlich komplexer werden und daher auch Heimnetzwerke komplizierter werden. Daher ist eine deutlich größere Automatisierung nötig, damit auch technisch nicht versierte Menschen damit keine Probleme haben.
Darüber hinaus gab es noch Sitzungen der ENUM WG, der RIPE NCC Services WG, der Database WG und der Cooperation und MAT WGs.
Für mich waren an diesen Tagen vor allem die vielen Gespräche am Rande interessant, insbes. mit den Quagga Entwicklern und mit Technikern anderer Firmen, z.B. über den Aufbau ihrer Rechenzentrums-Netze.
Freitag 20.4. 2012
Am letzten Tag gab es noch Berichte der anderen RIRs (AfriNIC, ARIN, APNIC, LACNIC) sowie von IANA, der Rest wurde von Abschlussvorträgen bestimmt.
Weitere Infos zum RIPE Meeting:
Liste aller Präsentationen – alphabetisch