Veröffentlicht: 16. November 2010 in Domains & DNS.

Die Karten im globalen Markt für Domainnamen und Domainendungen (TLDs) werden neu gemischt. Die Entscheidung des ICANN Board vom 5. Nov. 2010, Beteiligungen zwischen Registrierungsstellen (z.B. Verisign für .com oder Afilias für .info) und Domainregistraren (z.B. Godaddy oder 1&1) zuzulassen, hat weitreichende Folgen für das gesamte bestehende Wirtschaftssystem rund um die Domainregistrierung weltweit.

Der weltweit bestehende Domainmarkt mit den sog. generischen Domainendungen (gTLD) wie .com, .net .org .info .biz wie auch der entstehende Markt der neuen geplanten Domainendungen (newTLD) wie .berlin, .hotel oder .shop wird durch diese Entscheidung massiv beeinflusst.

ICANN und .com – Ein Blick zurück

Wie weitreichend die aktuelle Entscheidung ist,  zeigt ein kurzer Blick in die Geschichte des DomainNameSystem (DNS) des Internet.

Die Domainendung .com wurde von der Firma NetworkSolutions im Auftrag des amerikanischen Handelsministeriums als Registrierungsstelle betrieben.  .com Domains konnten zu dieser Zeit nur direkt bei NetworkSolutions erworben werden. Dieses „Monopol“ als Registrierungsstelle wurde heftig kritisiert, da sich .com schnell als weltweit attraktivste Domainendung herauskristalisierte, und es für den Betreiber NetworkSolutions keinen Grund gab den Preis von 60 USD für eine .com Domain zu senken.

Altes Vertriebsmodel für .com:
Registry (Registrierungsstelle) <- -> Registrant (Domaininhaber)

Das .com Monopol sollte aufgebrochen werden.  Zum einen wurde das Vergabesystem mit der Anforderung geändert, dass eine Registry nicht weiter direkt verkaufen darf , sondern nur über Registrare, die untereinander in einem Konkurrenzkampf stehen, was zu geringeren Domainpreisen führen sollte. Das heute bekannte System von Registry -> Registrar und Registrant (s.u.) wurde etabliert und damit auch die heute deutlich geringeren Domainpreise für .com Domains.

Aktuelles Vertriebsmodel für .com
Registry (Registrierungstelle) –> ICANN Registrar (akkreditierter Domainanbieter) –> Registrant (Domaininhaber)
bzw. mit Reseller:
Registry (Registrierungstelle) –> ICANN Registrar (akkreditierter Domainanbieter) –> Reseller (Webagentur etc.) — > Registrant (Domaininhaber)

Der zweite Ansatz, die dominante Position von .com einzudämmen, war die Einführung von neuen Domainendungen wie .info .biz usw., die zu einem Wettbewerb der Domainendungen untereinander führen sollte. Die Einführung der neuen Domainendungen ist eine der zentralen Aufgaben, für die ICANN gegründet wurde.

Die Gründung und Etablierung von ICANN steht also in einem direkten Zusammenhang mit der Lösung der Problematik, die sich aus der „Bündelung“ von Registry und Registrar bei .com als begehrter Domainendung ergeben hat.

Die Entscheidung und ihre Folgen

Die aktuelle Entscheidung erlaubt die Beteiligungen von Registrierungsstellen an Domainregistraren und umgekehrt.

  • Regionale oder kulturelle Domainendungen (TLDs)
    können einen eigenen „Pseudo“-Registrar gründen, der die Domainendung direkt ihrer Zielgruppe anbietet.

Offene Fragen

Die Entscheidung hinterlässt natürlich offene Fragen, die in den kommenden Wochen und auf dem kommenden ICANN-Meeting Anfang Dezember diskutiert werden. Eine Frage wird dabei lauten: Wie wird die Bevorzugung einzelner Registrare (an denen die Registry beteiligt ist) gegenüber den anderen Registraren ausgeschlossen?

Links:

Special Meeting of the ICANN Board of Directors Adopted Board Resolutions, 5 November 2010
http://www.icann.org/en/minutes/resolutions-05nov10-en.htm